Teilhabemanagement braucht vielerlei Perspektiven

Das Recht der Eingliederungshilfe wurde 2020 reformiert. Ziel der Gesetzesanpassung war es, die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung aus dem Sozialhilferecht herauszulösen und in ein eigenes Leistungsrecht zu überführen. Das bedeutet unter anderem, die Eingliederungshilfe stärker zu individualisieren: Der Mensch und seine individuellen Bedürfnisse, Verhältnisse und sein persönlicher Sozialraum sollen im Mittelpunkt stehen. Ein komplexer Prozess, der von den Mitarbeitenden bei den Trägern zur Eingliederungshilfe neue Fachkenntnisse und Kompetenzen verlangt. Im Zertifikatsstudiengang Reha-/Teilhabemanagement an der SRH Hochschule Heidelberg erlernen die Teilnehmer:innen diese erforderlichen Kompetenzen – und noch mehr, wie Andre Rother im Interview verrät.

Andre Rother ist zertifizierter Teilhabemanager der Stadt Mannheim. Der gelernte Krankenpfleger hat Pflegewissenschaften und Politikwissenschaften studiert und bringt daher vielseitige Kompetenzen und Erfahrungen mit in den Beruf. Genau diese Vielseitigkeit sei es, die den Zertifikatskurs Reha-/Teilhabemanagement an der SRH Hochschule Heidelberg ausgemacht hätten, berichtet er im Interview. Als ich ihn anrufe, lacht er: „Normalerweise führe ich die Gespräche, eine ungewohnte Situation für mich.“ Um Menschen mit Behinderung die volle Beteiligung im Alltag zu ermöglichen, berät er aktuell etwa 75 Leistungsberechtigte, welche Leistungen sie in Anspruch nehmen können.

Herr Rother, wie kann ich mir die Aufgaben in der Eingliederungshilfe vorstellen?

Menschen mit Behinderung können Anspruch haben auf Assistenzleistungen wie zum Beispiel in der Haushaltsführung. Im Rahmen des Gesamtplanverfahrens ermessen wir die Art der Maßnahmen, den Umfang und die Komplexität. Etwa ein- bis zweimal die Woche stehe ich mit Leistungsberechtigten im Kontakt. Es ist eine sehr komplexe Aufgabe, die rechtliche, pädagogische, soziale und finanzielle Aspekte mit sich bringt. Mir macht dieser Beruf sehr viel Spaß: Es gefällt mir, Menschen durch ganz konkrete Hilfen ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Warum war Ihnen die Zusatzqualifizierung zum Teilhabemanager so wichtig?

Zum einen war es eine Einstellungsvoraussetzung der Stadt Mannheim. Auch bestehende Mitarbeitende werden zusätzlich qualifiziert, um gut ausgebildete Fachkräfte zu haben, die den komplexen Aufgaben in der Eingliederungshilfe gewachsen sind. Die Anforderungen an die Beschäftigten steigen fortwährend, denn die Rolle der Träger der Eingliederungshilfe entwickelt sich zunehmend in Richtung individueller Fallsteuerung.

Was haben Sie aus dem Zertifikatsstudiengang vor allem mitgenommen?

Im Zertifikatsstudiengang haben wie die verschiedenen Perspektiven zusammengebracht. Kommunikation und Beratung waren ebenso Themen wie rechtliche oder auch politische Grundlagen. Neben der fachlichen Blickschärfung hat mich vor allem der Austausch mit den Lehrkräften und innerhalb der Gruppe nach vorne gebracht. Im Kollegium ist ein großer Zusammenhalt gewachsen. Viele von uns sind Quereinsteiger, bringen unterschiedliche Qualifikationen und Kenntnisse, Studien- und Berufserfahrungen mit. In meiner Abschlussrede zur Zertifikatsvergabe habe ich diesen Hintergrund verglichen mit der Figur Paul, die von zu Hause auszieht und in der Welt seinen Platz sucht. Zum Schluss findet Paul seinen Platz im Haus, in dem er alle seine im Laufe der Jahre gebauten Möbel nutzen kann, alle seine Erfahrungen und Kenntnisse. Er braucht nur noch ein Bild zu malen. Dieses Bild symbolisiert den Zertifikatsstudiengang, der nun unsere Arbeit im Haus der Stadt Mannheim ziert.