SRH Hochschule Heidelberg
Menschen

Raus aus den Schubladen, rein in die Diversität!

Am 13. Januar um 9 Uhr treffen sie sich das erste Mal: Mitarbeitende und Studierende gründen einen LGBT*IQ+-Stammtisch. Interessierte Personen, egal welcher Herkunft und Orientierung, sind herzlich willkommen! Ein Gespräch mit zwei Vertreter:innen.

In Deutschland bekennen sich etwa 7,4 Prozent der befragten Personen offen dazu, LGBT*IQ+ zu sein. Viele von ihnen werden immer wieder aus diesem Grund diskriminiert und angefeindet, fühlen sich zur Gesellschaft nicht dazu gehörig oder erleiden sogar Gewalterfahrungen. Eliane von Gunten, akademische Mitarbeiterin an der Fakultät für Therapiewissenschaften, und Student:in Jamey berichten aus ihrer Perspektive, wie es um das Thema Diversität an unserer Hochschule bestellt ist und warum es höchste Zeit für einen LGBT*IQ+-Stammtisch ist.

LGBT *IQ+ ist ein sehr kontrovers diskutiertes Thema in unserer Gesellschaft. Wie erlebt ihr es an unserer Hochschule?

Jamey: Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht. Es ist für viele Menschen, ob an der Hochschule oder da draußen, noch ein sehr fremdes Thema. Ich renne oft gegen eine Wand, versuche es aber meist mit Humor zu nehmen. Aber in der neuen Generation erlebe ich mehr Offenheit, da bekomme ich auch positives Feedback. Auch die Profs sind sehr offen – und es sind die kleinen Gesten, die so viel bedeuten, wie zum Beispiel die Nennung der Pronomen they/them, wenn man jemanden anspricht.

Eliane: Ich persönlich spüre eigentlich wenig Diskriminierung an unserer Hochschule, sie bleibt eher unterschwellig, zeigt sich zum Beispiel in der Diskussion um die gendersensible Sprache. Was mich stört, ist das nicht-verstehen-Wollen, dass es Menschen verletzt kann, wenn ich ihn:sie in meiner Sprache nicht einbeziehe, auch wenn ich es gar nicht so meine. Ich möchte mich für einen reflektierteren Umgang mit diesem Thema stark machen.

Wie wollt ihr das machen?

Eliane: Wir, das heißt Studierende und Mitarbeitende, möchten uns ab 2023 regelmäßig zu einem Stammtisch im cube treffen, um zu zeigen: Wir sind da, wir sind ein Teil der Hochschule, die Hochschule ist Vielfalt! Damit möchten wir alle Personen ansprechen, egal welchen Geschlechts, in welcher Rolle und Position oder welcher sexuellen Orientierung.

Uns ist bewusst, dass das Aufbrechen einiger Schubladen für Verunsicherung sorgt. Aber genau deshalb ist die Öffentlichkeit, Sichtbarkeit und vor allem der Austausch so wichtig. Es ist höchste Zeit, Unsicherheiten offen anzusprechen. Ziel des Stammtischs ist es miteinander ins Gespräch zu kommen, sich zu vernetzen und lernen sich gegenseitig zu verstehen, um die Unsicherheit zu senken.

Wie geht ihr denn selbst mit dem Schubladendenken um?

Eliane: Oh, ich habe schon mit Vierjährigen Diskussionen geführt. (lacht) Es ist spannend zu sehen, wie mein Neffe mit 4 Jahren schon Kategorien bildet, und männliche und weibliche Eigenschaften zuordnet, um die Welt zu verstehen. Ich versuche für mich Rollen und Eigenschaften losgelöst vom Geschlecht zu sehen, die typischen Rollenbilder weichen ja ohnehin schon ziemlich auf. Ich wünsche mir Toleranz, also versuche ich auch die Weltbilder der anderen zu akzeptieren.

Jamey: Schubladendenken fängt bei vielen ja schon an, wenn sie einen übergewichtigen Menschen sehen. Meine fluide Identifikation erweitert aber auch meinen Horizont: Ich sehe beim Kennenlernen neuer Menschen den Charakter, versuche mich in die Person hineinzuversetzen. Natürlich gebe ich auch mal negative Kommentare, wenn zum Beispiel die Farben der Kleidung überhaupt nicht zusammenpassen. Aber ich reduziere die Person nicht auf die Äußerlichkeit und schließe nicht davon auf den Charakter.

Eliane: Klar, man darf sagen, das gefällt mir nicht. Aber das ist keine Bewertung des Menschen, sondern Geschmackssache. In der Sozialwissenschaft spricht man vom Halo-Effekt, wenn man von einem Merkmal auf viele schließt. Das passiert uns allen, aber wichtig ist eben, dass ich es auch reflektiere. Dabei merke ich: Ich bin selbst oft verunsichert. Deshalb will ich niemanden anprangern, sondern versuche immer zu signalisieren: Ich weiß, dass ich dir deine Gewohnheit nehme. Aber dafür gebe ich dir auch etwas.

Was kann mir denn der Perspektivwechsel geben?

Eliane: Man lernt unglaublich viel über sich selbst, wenn man sich generell mit fremden Themen auseinandersetzt. Man lernt auch, wo man sich vielleicht selbst diskriminiert und schlecht mit sich umgeht. Wo man vielleicht Eigenschaften unterdrückt, weil sie nicht in die eigenen Schubladen passen. Mit anderen offener sein, führt auch dazu sich selbst mehr zu akzeptieren und freier zu fühlen.

Jamey: Richtig, das Ziel ist die Freiheit. Das erreiche ich aber auch nur durch die Akzeptanz, dass andere sich vielleicht nicht damit auseinandersetzen möchten.

Sie wollen mitdiskutieren? Neue Perspektiven kennenlernen? Dann kommen Sie doch einfach zum LGBT+IQ+-Stammtisch am 17. Februarvon 9-10 Uhr im cube.

Eliane und Jamey von der SRH Hochschule Heidelberg im Interview.
Eliane (links) und Jamey setzen sich an der SRH Hochschule Heidelberg für das Thema LGBT*IQ+ ein.
Mitarbeitende und Studierende der Hochschule gründen einen LGTB*IQ+-Stammtisch.
Sie gründen gemeinsam mit Studierenden einen LGBT*IQ-Stammtisch: Mitarbeitende der SRH Hochschule Heidelberg.